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CarlMoll(1861-1945)

Biografie

Carl Moll (Natter/Frodl)

Carl Moll, eine der herausragenden Künstlerpersönlichkeiten seiner Zeit, wird am 23. April 1861 in Wien geboren. Er hat Anämie und ist kein gesundes Kind; da ein regelmäßiger Schulbesuch kaum möglich ist, gibt man ihm zum Zeitvertreib Malutensilien – sein Weg ist  damit vorgezeichnet. Auf einer mehrmonatigen Sommerreise nach Salzburg füllt der 15jährige sein erstes Skizzenbuch.

 

Der frühe Tod seines Vaters 1877 ist ein Einschnitt im Leben Molls. Seine Mutter ermöglicht ihm mit dem hinterlassenen Vermögen den ersten Privatunterricht im Malen und Zeichnen beim Landschaftsmaler Carl Haunold. Nach Abschluß der Realschule wird Moll an der Akademie der bildenden Künste aufgenommen. Seine Leidenschaft für Musik findet ein jähes Ende, als der nur 19jährige Moll  in Folge einer schweren Gehirnhautentzündung schwerhörig wird, ein Defizit, das ihn sein Leben lang begleiten wird.

 

Auf der Frühjahrsausstellung des Wiener Künstlerhauses  1881 kommt er mit Gemälden Emil Jakob Schindlers in Berührung. Für den jungen Maler ist die Begegnung mit Schindler eine Offenbarung: ab Herbst ist Schindler sein Privatlehrer.  Bald gehört Moll ganz zur Familie: er verbringt den Sommer mit Schindler und dessen Frau, Anna Bergen, und mit den beiden Schülerinnen Marie Egner und Olga Wisinger-Florian im Salzkammergut. Moll schließt Kontakte mit bedeutenden Persönlichkeiten wie mit dem Komponisten Hugo Wolf und dem Architekten Julius Mayreder.

 

1884/85 mietet Schindler das heruntergekommene, zwischen Neulengbach und Tulln gelegene, Schloß Plankenberg an. Die kommenden sieben Jahre wird der verschworene Kreis die Sommermonate hier verbringen; Moll malt in dieser Zeit von Schindler inspirierte, naturalistische Landschaften sowie Stillleben. Auch unternimmt er zu dieser Zeit eine große, mehrmonatige Studienreise mit den Schindlers nach Dalmatien: von Triest, Pula, Split  und Dubrovnik geht es bis nach Korfu. Nach einer Reise nach Berlin begleitet Moll seinen Lehrer und Freund auch nach Sylt; es soll die letzte gemeinsame Reise sein, da Schindler am 9. August 1892 hier verstirbt. Moll sorgt verantwortungsvoll für Schindlers Familie und organisiert eine große Nachlassausstellung. 

Selbstbildnis im Atelier, um 1906

1893 reist Moll wie auch in den kommenden beiden Jahren nach Norddeutschland, wo er unter dem Maler Gotthardt Kuehl neue, impressionistische Anregungen erhält. Im Jahr darauf erwirbt das Kultusministerium einer der bis heute populärsten Bilder Molls, “Der Naschmarkt in Wien”.

 

1895 heiratet Carl Moll Anna Schindler, die Witwe seines Lehrers. Gemeinsam mit seiner neuen Frau und den beiden Stieftöchtern Alma und Margarethe bezieht er ein vom Architekten Julius Mayreder gestaltetes Haus in der Theresianumgasse in 1040 Wien. Das Atelier (mit großem Garten) wird rasch zum künstlerischen Treffpunkt: hier verkehren jeden Sonntag Gustav Klimt, Josef Hoffmann, Koloman Moser, Joseph Maria Olbrich, Wilhelm List und andere Größen der Wiener Kunstszene.

 

1896 kommt es zur offenen künstlerischen Auseinandersetzung zwischen den “Traditionalisten” unter Künstlerhaus-Präsident Eugen Felix und den “Modernen” unter dem Bildhauer Edmund Hellmer, den Moll unterstützt. Die Mehrheit der Künstlerhausmitglieder entscheidet sich gegen Hellmer. Die “Modernen” beschließen die Gründung einer eigenen Vereinigung, und es ist Moll, der am 3. April 1897 die konstituierende Sitzung der Wiener Sezession einberuft. 19 großteils profilierte Künstler treten in Folge aus dem Künstlerhaus aus, darunter Josef Hofmann, Gustav Klimt und Josef Engelhart. Die Ehrenpräsidentschaft der Sezession übernimmt Rudolf von Alt; Gustav Klimt ist Präsident, Moll ist Vizepräsident und Organisator.

Carl Moll (Natter/Frodl)

Im Februar 1898 erscheint die erste Ausgabe von “Ver Sacrum”, es folgt eine fulminante erste Ausstellung mit Werken von Arnold Böcklin, Fernand Khnopff, Giovanni Segantini, James McNeill Whistler, Auguste Rodin und anderen. Innerhalb von etwas mehr als einem halben Jahr ist das von Joseph Maria Olbrich entworfene Gebäude der Sezession fertig gestellt und wird am 12 November eröffnet.

 

Kurze Zeit nach seiner ersten Italienreise und der Geburt seiner Tochter Maria wird Moll als österreichischer Delegierter zur Pariser Weltausstellung 1900 entsendet.  

 

1901 entsteht in Döbling (1190 Wien) die von Josef Hoffmann entworfene jugendstilige “Künstlerkolonie Hohe Warte”; gemeinsam mit Kolo Moser bezieht Moll ein Doppelhaus. Im folgenden Jahr werden die Villen von Viktor Spitzer und Hugo Henneberg fertig gestellt. Die Siedlung ist ein sezessionistisches Gesamtkunstwerk und wird für Moll zur Inspiration vieler Bilder: zu allen Jahreszeiten zeichnet der Künstler die Hohe Warte, die Sicht hinüber nach Grinzing, den Kahlen- und den Leopoldsberg.

 

1902 heiratet Molls Stieftochter Alma den k.u.k.Hofoperndirektor Gustav Mahler, der neben Schindler zur großen Inspirationsquelle für Moll werden wird. 1903 zählt Moll gemeinsam mit Josef Hoffmann, Koloman Moser und dem Geldgeber Fritz Wärndorfer zu den Mitbegründern der “Wiener Werkstätte”. Zu Jahresende wird “Ver Sacrum” eingestellt.

 

1905 kommt es nach Spannungen zum Austritt der “Klimt-Gruppe” (neben Klimt Josef Hoffmann, Max Kurzweil, Wilhelm List, Emil Orlik, Otto Wagner und Carl Moll) aus der Wiener Sezession. Unter Molls Führung wird die Galerie Miethke in der Wiener Innenstadt zur führenden modernen Kunsthandlung und zum Auktionshaus umgewandelt.

 

In den folgenden Jahren reist Moll viel; auch fördert er unentwegt zahlreiche junge österreichische Künstler, darunter Oskar Kokoschka, Egon Schiele, Franz Wiegele und Anton Kolig. 

 

1911 stirbt Gustav Mahler. Mit Sommer 1912 gibt Moll seine Tätigkeit als Berater der Galerie Miethke auf und konzentriert sich wieder ganz auf das Malen. Den Ersten Weltkrieg verbringt Moll großteils in einem Zweithaus am Semmering. Die Inflation und der Verlust seines Vermögens zwingen Moll zur Versteigerung seiner Gemäldesammlung bei der Galerie Cassirer in Berlin.

Carl Moll (Natter/Frodl)

Nach Ende des Krieges bereist Moll, gemeinsam mit seiner Frau Anna, ausgedehnt Europa. Er lehnt das Angebot, Leiter der Staatlichen Gemäldegalerie Dresden zu werden, ab. Zu seinem 60. Geburtstag zeigt das Wiener Künstlerhaus eine Retrospektive seines Lebenswerks. Trotz schwieriger Umstände organisiert Moll für den “Verein der Museumsfreunde in Wien” vielbeachtete Ausstellungen. 

 

1930 bereist er Algerien, es entstehen zahlreiche nordafrikanische Ansichten und Straßenszenen. Die Sezession zeigt zu seinem 70. Geburtstag eine große Ausstellung; er wird Ehrenbürger der Stadt Wien und  erhält die goldene Staatsmedaille. Weiter organisiert er zahlreiche Ausstellungen, darunter auch 1937 die erste Kokoschka-Einzelausstellung in Österreich. 

 

Die Machtübernahme Hitlers geht mit seiner deutsch-nationalen Gesinnung einher. 1938 stirbt seine Frau Anna Moll. Seine Stieftochter Alma Mahler-Werfel, mittlerweile mit dem Schriftsteller Franz Werfel liiert, muss Wien mit Kriegsbeginn verlassen: die rauschenden Feste im Nachbarhaus auf der Hohen Warte, auf denen viele jüdische Künstler, Sammler und Mäzene zu Gast waren, waren Moll stets ein Dorn im Auge. Den Krieg wird der Künstler großteils in der Sommerresidenz an der Rax verbringen. 

 

1942 organisiert Moll zum 100. Geburtstag Schindlers eine letzte Ausstellung. Es entstehen letzte Ansichten und Interieurs auf der Hohen Warte. In der Nacht auf den 13. April 1945 begeht Carl Moll gemeinsam mit seiner Tochter und dem Schwiegersohn, wohl aus Angst vor dem Zusammenbruch des Regimes und dem Einmarsch der Russen, Selbstmord. Er zählt, bis zum heutigen Tag, zu den wichtigsten Malern Österreichs.